Vortrag bei der Vortragstagung des Vereins für Schäfereigeschichte am 19. Juli 2014 im Bauernhofmuseum Illerbeuren

Nach dem Bericht von Dr. Dieter Spengler über die Schafhaltung in alter Zeit, war es an Georg Zettler, Fachberater für Schafhaltung für den Regierungsbezirk Schwaben, im Gegensatz dazu über die aktuelle Situation im Regierungsbezirk zu berichten.


Allgemein

Bayrisch-Schwaben hat ca. 1,78 Millionen Einwohner bei einer Fläche von 9.992 km². Gegliedert ist es in 10 verschiedene Landkreise und 4 kreisfreie Städte. Wirtschaftlich ist es insgesamt eine starke Region. Die Kreise Donau-Ries oder auch Unterallgäu zählen z. B. deutschlandweit zu den Spitzenregionen mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit.

Im Bereich der Landwirtschaft gab es 2013 noch 17.533 Betriebe, die knapp 525.000 ha LF bewirtschafteten. Davon sind etwa 260.000 ha Ackerflächen, so dass insgesamt das Grünland noch leicht überwiegt.

Die Viehhaltung hat eine große Bedeutung in Schwaben. In über 9200 Betrieben werden Kühe (Milch- und Mutterkühe) gehalten, mit Schwerpunkt im Süden. Die Landkreise Unter- und Ostallgäu sind die „milchstärksten“ in ganz Bayern.

Zuchtsauenhaltung gibt es noch in 559 Betrieben, mit Schwerpunkt in den Landkreisen Donau-Ries und Aichach-Friedberg. Die Bullenmast (ca. 4900 Betriebe) und Schweinemast (2000 Betriebe) ist ebenfalls überwiegend in Nordschwaben vertreten.

Insgesamt ist Schwaben eine viehstarke Region. Der durchschnittliche Viehbesatz liegt, mit Ausnahme vom Landkreis Donau-Ries, in allen Kreisen bei über 0,9 GVE je ha LF. In den Milchregionen Unterallgäu, Ostallgäu, und auch Lindau, liegt er sogar bei über 1,3 GVE/ha im Schnitt.

Schafhaltung

Schafhaltung findet nach INVEKOS 2013 in Schwaben in noch 951 Betrieben statt. Gehalten werden knapp 33.800 Mutterschafe. Nach Betrieben liegt Schwaben an dritter Stelle unter den Regierungsbezirken. Nach dem Schafbestand liegt Schwaben an fünfter Stelle. Die Verteilung des Schafbestandes nach Betriebsgrößenklassen zeigen die Tabellen. Die Schafhalter mit über 500 Mutterschafen sind in Schwaben mit etwa über 10 % Anteil eher unterrepräsentiert. In der Größenklasse 50 bis 199 Mutterschafe sind dagegen über 20 % der bayerischen Betriebe in Schwaben zu Hause.

Bei der Verteilung der Schafhalter über den Regierungsbezirk hat das Allgäu die meisten Schafhalter zu verzeichnen. In Verbindung mit den gehaltenen Schafen lässt sich aber erkennen, dass es sich überwiegend um Kleinschafhalter handelt. Die Betriebe mit mehr als 50 Mutterschafen haben hier einen Betriebsanteil von deutlich unter 10 %. Fast ausschließlich wird Koppelschafhaltung betrieben.

Die größeren Schafhalter oder auch die Haupterwerbsbetriebe befinden sich überwiegend in Nordschwaben mit Schwerpunkt in den Landkreisen Donau-Ries und Dillingen. Unter allen bayerischen Landkreisen steht der Kreis Donau-Ries mit seinem Schafbestand an sechster Stelle.

 

Betriebe

1 bis 9

10 bis 49

50 bis 199

200 bis 499

>500

gesamt

Schwaben

452

365

99

24

11

951

Bayern

3393

2318

444

150

99

6404

Anteil Schwaben

13,3 %

15,7 %

22,3 %

16,0 %

11,1 %

14,9 %

Tabelle 1: Anzahl Betriebe nach Betriebsgrößenklassen (INVEKOS 2013)

 

Mutterschafe

1 bis 9

10 bis 49

50 bis 199

200 bis 499

>500

gesamt

Schwaben

2006

7468

8913

7808

7625

33816

Bayern

15252

46401

41285

48586

72337

223861

Anteil Schwaben

13,2 %

16,1 %

21,6 %

16,1 %

10,5 %

15,1 %

Tabelle 2: Anzahl Mutterschafe in den verschiedenen Betriebsgrößenklassen (INVEKOS 2013)

 

Bei der Entwicklung der Schafhaltung in den letzten Jahren ist in Schwaben dieselbe rückläufige Entwicklung zu beobachten wie im restlichen Bayern. Seit dem Jahr 2005, als bei der vorletzten Agrarreform die entkoppelten Betriebsprämien eingeführt wurden, hat sich die Anzahl Schafhalter bis 2013 um über 10 % verringert. Dabei gibt es aber Riesenunterschiede zwischen den verschiedenen Betriebsgrößenklassen. So war bei den Betrieben mit einem Schafbestand zwischen 10 und 49 Mutterschafen mit über 30 % und bei den Betrieben mit zwischen 50 und 199 Mutterschafen mit knapp unter 30 % der Aderlass am höchsten.

Noch stärker fiel insgesamt der Rückgang bei der Anzahl gehaltener Mutterschafe aus. Mit einem Abbau des Schafbestands von damals knapp 44.000 Mutterschafen auf ca. 34.000 im Jahr 2013 ist in diesen wenigen Jahren fast ein Viertel des Bestandes verschwunden.

Wenn man sich die Entwicklung in den verschiedenen Betriebsgrößenklassen betrachtet, sind auch hier Unterschiede erkennbar. Während bei den Kleinschafhaltern mit bis zu 9 Mutterschafen sogar eine Zunahme zu verzeichnen ist, sind bei den Betrieben mit bis zu 200 Mutterschafen mit etwa 30 % die stärksten Abnahmen zu verzeichnen. Bei den größeren Schafhaltern mit über 200 Mutterschafen ist nach einer Anpassungsphase bis 2007, seitdem ein relativ konstanter Schafbestand zu verzeichnen gewesen.


Grafik: Entwicklung des schwäbischen Schafbestandes nach

Betriebsgrößenklassen

Gründe für die rückläufige Entwicklung sind, wie im restlichen Bayern auch, die geringe Wirtschaftlichkeit der Schafhaltung, während gleichzeitig die bürokratischen Auflagen immer mehr werden. Auch das entkoppelte Betriebsprämiensystem, bei dem die Anzahl gehaltener Schafe unabhängig von der Prämienhöhe ist, hat einen Anteil.

Von erheblicher Bedeutung ist auch die starke Flächenkonkurrenz durch andere Tierhalter und Biogasbetriebe. Da die Schafhalter überwiegend auf Pachtflächen wirtschaften, hat der Verlust von Pachtflächen oder auch steigende Pachtpreisansprüche der Verpächter starke Auswirkungen. Auch der Verlust von Herbst- und Winterweideflächen mit den daraus resultierenden längeren Stallhaltungszeiten mit höheren Futterkosten ist ein Problem für die Schafhalter.

Als Beispiel für den hohen Flächendruck lässt sich die Biogaserzeugung im Landkreis Donau-Ries anführen. Ende 2013 waren hier 88 Anlagen mit einer elektrischen Leistung von 47 MW vorhanden. Zum gleichen Zeitpunkt gab es im ganzen Regierungsbezirk Unterfranken 101 Anlagen mit insgesamt 48 MW Leistung. Unterfranken hat allerdings fast fünfmal so viel landwirtschaftliche Nutzfläche als das Donau-Ries (und zugleich auch eine geringere Viehdichte).


Bedeutende Weideregionen

Für die Schäfereien im Haupterwerb sind vor allem zwei Regionen in Schwaben von großer Bedeutung.

Im Donau-Ries sind es die Magerrasen rund um das Nördlinger Ries, die durch eine jahrhundertelange Beweidung entstanden sind. Auf den Hangflächen mit unebenem Gelände ist die Beweidung die einzig mögliche und sinnvolle landwirtschaftliche Nutzung. Ohne diese Flächen würde es keine Hüteschafhaltung in der Region geben. Sie sind die Existenzgrundlage für die dortigen Hüteschäfereien. Mit über 800 ha sind die Magerrasenflächen auch prägend für das Landschaftsbild des Rieses. Bei einem Vorkommen, allein bei den Pflanzen, von insgesamt über 500 Arten, sind diese Flächen für den Naturschutz von höchster Wichtigkeit.

Eine weitere wichtige Weideregion sind die Lechheiden südlich von Augsburg. Die Heideflächen sind durch die Tätigkeit des Lechs und durch menschliches Handeln entstanden. Der Lech hat durch Geschiebe aus den Alpen karge Kiesböden geschaffen. Die mageren Aufwüchse waren nur durch Schafbeweidung zu nutzen. Da der Mensch auch die hier wachsenden Wälder zur Holznutzung und für Rodungen beseitigt hat, entstanden quadratkilometergroße, fast baumfreie, ebene Flächen. Über Jahrhunderte waren die Lechheiden eine der wichtigsten Sommerweideflächen für Wanderschafhalter in Süddeutschland. Zumal sich auch im nahen Augsburg einer der wichtigsten Wollmärkte in Süddeutschland befand.

Durch den Rückgang der Schafhaltung durch den Bedeutungsverlust der Schafwolle, Intensivierung der Landnutzung, Wiederaufforstungen, etc., sind heute von den damaligen Heideflächen nur mehr Restbestände (ca. 1 %) vorhanden. Da sich die Heideflächen durch eine sehr hohe Artenzahl auszeichnen, ist deren Erhalt durch Beweidung durch mehrere Hüteschäfereien von großer Bedeutung.

 

Schafzucht

Auch die Schafzucht ist in Schwaben von Bedeutung. Nach Oberbayern verfügt Schwaben mit knapp 70 Züchtern über die zweitmeisten Zuchtbetriebe in Bayern. Sie widmen sich der Zucht von insgesamt 17 verschiedenen Schafrassen. Schwerpunkt sind die vom Aussterben bedrohten Rassen, mit deren Zucht sich über die Hälfte der Züchter befasst. Die größte Züchtergruppe stellt die Rasse Krainer Steinschafe mit allein 15 Züchtern.

Schwerpunkt bei der räumlichen Verteilung ist das Allgäu. Hier sind die meisten Zuchtbetriebe zu finden.

Die zweitgrößte Züchtergruppe bilden mit 10 Betrieben die Merinolandschafzuchtbetriebe. Sie sind überwiegend im mittelschwäbischen Raum beheimatet. Die Merinozüchter haben im Schnitt deutlich größere Schafbestände als die Züchter der anderen Rassen, so dass die Merinozuchttiere mit über 1000 Tieren über die Hälfte des schwäbischen Zuchttierbestandes ausmachen.

 

Ausblick

In den kommenden Jahren ist von einem weiteren Rückgang des schwäbischen Schafbestandes und auch der schafhaltenden Betriebe auszugehen. Mindestens solange Fläche knapp und umkämpft ist, wird dies der Fall sein. Auch unter den größeren Schafhaltern wird es Betriebsaufgaben geben. Zumeist wenn die Betriebsnachfolge ansteht.

Die Abhängigkeit der Schafhaltung von politischen Rahmenbedingungen wird bleiben. Allein schon da Prämienzahlungen ein wichtiger Einkommensbestandteil sind und die Förderprogramme alle paar Jahre wieder neu gestrickt werden.

Doch auch von der Initiative der einzelnen Betriebsleiter ist der Fortbestand der Schafhaltung abhängig.

So haben sich in den letzten Jahren viele Schafhalter durch die Beweidung von PV-Freiflächenanlagen zusätzliche Weideflächen und Einkommen erschließen können. Es gibt auch einige Beispiele der Zusammenarbeit mit Biogasbetreibern- zu beiderseitigem Nutzen.

So kann doch insgesamt gesagt werden, dass trotz aller Schwierigkeiten und widriger Umstände, es auch in Zukunft Schafhaltung in Schwaben geben wird.