„Geschichte zur Zucht des Merinofleischschafes“       

„Aktueller Stand der Merinofleischschafzucht seit 1990“

Dr. habil. Knut Strittmatter ist Tierzuchtleiter und Dozent am Albrecht Daniel Thaer-Institut für Agrarwissenschaften Leipzig e.V. an der Universität Leipzig. Herr Strittmatter ist bekannt durch umfangreiche Veröffentlichungen, u.a., auf dem Gebiet der Schafzucht und –haltung. Sein Fachbuch „Schafzucht“, erschien 2003 im Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.

 

Bei der „Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Nutztierrassen e.V. (GEH)“ betreut er die Rasse „Merinofleischschaf“.

 Dr. Strittmatter befasste sich ausführlich mit diesen beiden Hauptthemen und erläuterte die einzelnen Abschnitte sehr verständlich, ergänzt mit historischen Bildern.

Der Referent gliederte die einzelnen Themenbereiche in folgende Abschnitte:

 

 1. Der weite Weg zum Merinofleischschaf

1.1  Vorherrschaft der spanischen Merinos in Europa

1.2  Deutsch-/französische Dominanz in der europäischen Merinozucht

1.3  Kreuzung von Merinowollschafen mit Fleischschafen (Anglomerinozucht)

1.4  Verschiedene Genotypen auf dem Weg zum Merinofleischschaf in Deutschland

 

 2. Besonderheiten der Merinofleischschafzucht

2.1   Von 1933 – 1954 in der DDR und BRD

2.2   Von 1946 – 1989 in der DDR

2.3   Von 1946 -  1989 in der BRD

2.4   Von 1990 – 2011 im wiedervereinten Deutschland

 

3. Ausblick

 

1.1  Vorherrschaft der spanischen Merinos in Europa

 Das Ursprungsland des Merinofleischschafes ist Spanien. Ihren Namen erhielten sie vom Berberstamm der Ber-Merines, die im 12. Jahrhundert von Nordafrika nach Spanien zogen und die Vorfahren der Merinos – westasiatische Wollschafe – mit sich brachten. Diese importierten Schafe bildeten die Zuchtgrundlage für das Merinofleischschaf. Von 1239 bis 1285 erfuhr die Zucht eines Feinwollschafes eine starke Förderung unter der Regierung Peters von Aragon. Die Schafzucht wurde vornehmlich von den Adelsfamilien betrieben.

Am Ende des 15. Jahrhunderts wurde den Schafherden in den südlichen Provinzen Spaniens besondere Weiderechte eingeräumt. Mit den Herden wurden jährlich weite Wanderungen durchgeführt. Aus diesem Grund wurden sie Ovejas merinos („Wanderschafe“) genannt.

Durch ein strenges Ausfuhrverbot für Schafe wurde Spanien über Jahrhunderte hinweg eine Monopolstellung auf dem Sektor der Wollproduktion garantiert.

Erst ab 1740 gelangten Merinoschafe zur Verbesserung der Wollleistung auch in andere Länder Europas, wie nach Frankreich, Großbritannien und Deutschland. Dieser Export wurde erleichtert durch eine wirtschaftliche Krise in der spanischen Schafzucht von 1810 bis 1820, u.a. Preisverfall bei Mastlämmern, Rückgang der Schafbestände.

 In Spanien gab es damals sehr viele Genotypen, z.B., Böcke aus der Zuchtrichtung „Infantado“, die zur Veredelung deutscher Landschafe im Rahmen einer Verdrängungs- oder Kombinationskreuzung eingesetzt wurden. Bereits die F4-Generation wurde als Merino bezeichnet, aber es waren viele „Blender“ dabei und gab große Aufspaltungen bei den Nachkommen.

Diese spanischen Merinos hatten ein gut gekräuseltes Vlies mit markfreien Wollhaaren und mit einer intensiven Sekretion von Wollfett und die Fähigkeit der Haut Falten zu bilden. Es bestand ein asaisonaler Brunstzyklus. Die Wollfeinheit betrug bis 26,5 micron.

1.2    Deutsch/französische Dominanz in der europäischen Merinozucht von 1820 - 1870

Das Jahr 1765 wird als das Gründungsjahr der deutschen Merinozucht angesehen. Zu diesem Zeitpunkt durfte Sachsen erstmalig spanische Merinos importieren (92 Böcke, 128 Zibben).

Diese Merino-Feinwollzucht dominierte in Deutschland und Frankreich von 1820 bis 1870. Es entwickelten sich zwei Genotypen, die Elektoral- und Rambouilletschafe.

Im Ausland waren diese sächsischen Wollen wegen ihrer ausgezeichneten Qualität sehr begehrt. Das Elektoralschaf wurde in Deutsche Landschafe in der ersten Stufe mit eingekreuzt.

Ab 1840 gab es folgende Zuchtrichtungen:

Elektoralmerinos produzierten feinste Tuchwolle.

Die Rambouilletschafe lieferten Stoff- und Kammwollen.

Tuch- und Kammwolle unterscheiden sich im Wesentlichen durch den Feinheitsgrad der Wolle und die Haarlänge.

Die Merinozucht in Österreich begründet sich nach Einfuhr von 400 Merinos aus Spanien durch Maria Theresia (1775 und 1786). Durch weitere Importe spanischer Merinos wurden ab 1802  Herden in Mähren gegründet. Diese Tiere waren sehr dicht bewachsen und wiesen viel Wolle sowie Fettschweiß auf. Sie zeigten einen stämmigen Körperbau mit faltiger Haut. Seit dem Leipziger Wollkonvent im Jahre 1823 wurden die österreichischen Merinos „Negretti“ genannt. Ihre Wolle eignete sich für Tuche und Stoffe.

Das Ende der Merino-Feinwollzucht wurde eingeleitet durch:

-         Produktion von zu großen Mengen an Feinwolle (Preisverfall),

-         die technische Entwicklung ermöglichte auch aus gröberen und geringwertigen Wollen bessere Garne herzustellen,

-         Einsatz von Dampfmaschinen verbilligte den Transport von Wolle aus Übersee nach Europa,

-         Verlust von Weideflächen – Intensivierung der Landwirtschaft,

-         Umzüchtung zum Fleisch-Wollschaf durch Einkreuzung mit Fleischschafen aus England, usw.

 

1.3    Kreuzung von Merinowollschafen mit Fleischschafen (Anglomerinozucht)

In Frankreich begann man gegenüber Deutschland schon früher mit der züchterischen Einflussnahme zur Erhöhung der Fleischleistung. Der Pro-Kopf-Verbrauch betrug damals schon 3.0 kg Schaffleisch. In Deutschland dagegen nur 300 Gramm. Die Intensivierung der Landwirtschaft führte im großen Stil zum Verlust der Weideflächen. Die englischen Fleischschafrassen überzeugten beim dem Ziel, die Fleischleistung zu erhöhen. Der Export von spanischen Merinos nach Großbritannien erreichte aus klimatischen und wirtschaftlichen Gründen keine Bedeutung. In England dominierte die Zuchtrichtung Fleischleistung.

Die Verbesserung der Fleischleistung der Merinos in Deutschland und Frankreich war durch zwei Wege gekennzeichnet:

-         Selektion und Vermehrung bemuskelter Tiere aus Reinzucht der Merinopopulation,

-         Einkreuzung kurzwolliger, englischer Fleischschafrassen, genannt Anglomerinozucht

Beispiel: 1850 in Frankreich: Leicesterbock x Merinomutterschaf = Dishley-Merino.

Diese waren die Grundlage für die Rassen „Ile de France“ und „Berichon du Cher“.

 

1.4  Verschiedene Genotypen auf dem Weg zum Merinofleischschaf in Deutschland

Die spanischen Merinos, die 1765 Sachsen importierten, wurden in den kurfürstlichen Schäfereien Stolpe und Lohme in Reinzucht gehalten und vermehrt. Zuchtböcke gingen an private Schafhalter. Die sich entwickelnde Merinofeinwollzucht wurde durch die Gründung der Schäfereischule in Stolpen 1768 und durch weitere Einfuhren aus Spanien nachhaltig gefördert. Diese sächsischen Wollen waren im Ausland begehrt, selbst geringe Wollerträge machten die Schafzucht durch hohe Wollpreise rentabel.

Die Engländer bezeichneten sie als Elektoral-Wolle (kurfürstliche Wolle). Hieraus resultiert der Name „Elektoralschaf“.

 

1.4.1 „Elektoralschaf“ 1765 – 1835

      -         klein im Körper und einseitig auf Wolle gezüchtet,

-         überwiegend in Stallhaltung und spätreif, Zulassung mit 24 – 30 Monate,

-         Gewicht des Mutterschafes nur 25 kg,

-         1,2 – 1,4 kg Schurertrag an Schweißwolle mit einem Rendement von 25 – 30 %,

-         Herausbildung von Konstitutionsschwächen durch Inzucht und extreme Haltung,

-         Exporte nach Australien zum Aufbau der Feinwollzucht.

 

1.4.2 „Negrettischaf“ 1765 – 1870 

-         Gegenüber dem Elektoralschaf höhere Schurerträge durch Vergrößerung der

Hautoberfläche (Falten) und verbesserte Bemuskelung,

-         Wollfeinheit 20 – 21 micron,

-         Einschränkung der Zucht und Konstitution durch übertriebene Faltenbildung am ganzen Körper,

-         hartfuttrig und mit Fettschweiß überladene Wolle,

-         Bestandsausdehnung nach Pommern und Mecklenburg.

 

1.4.3 „Eskurialschaf (Deutsches Edelschaf) 1810 – 1850 

Insbesondere Albrecht Thaer (1752 – 1828) beeinflusste die Entwicklung der preußischen Schafzucht mit seiner züchterisch hochstehenden Herde in Möglin (am Westrand des Oderbruches). Neben Tieren aus den spanischen und französischen Importen kamen Elektorals (Sachsen) und Negrettis (Österreich) zum Einsatz, die er miteinander kreuzte. Das Kreuzungsprodukt wurde 1823 auf dem Leipziger Wollkonvent als Eskurialschaf benannt. Das Deutsche Edelschaf ist die Grundlage für die spätere Merinokammwoll – Schafzucht.

Das Eskurialschaf hat folgende Eigenschaften:

-         Vereinigung von feiner Wolle (Elektoral) mit höherem Wollertrag (Negretti),

-         Tiere größer und kräftiger mit einem Körpergewicht von 30 – 40 kg,

-         Schurertrag:  2,5 kg Schweißwolle,

-         Stapellänge: 3 – 5 cm,

-         spätreif, Zulassung mit 24 – 30 Monate,

-         Zuchtziel: höhere Fleischleistung.

 

1.4.4 „Merinotuchwollschaf“ 1830 – 1860 

Es ist hervorgegangen aus dem Elektoral-, Negretti- und Deutsches Edelschaf.

Zuchtziel:

-          größer im Rahmen und Gewicht, faltenloser Rumpf, dichtes Vlies, längere

Wolle, reiner Wolltyp, Spitzenzuchtbetrieb: Gadegast in Thal bei Oschatz,

-         Wollfeinheit: 18 – 22 micron,

-         Schurertrag:  4 – 5 kg Schweißwolle,

-         Körpergewicht Mutterschaf: 40 – 45 kg.

 

1.4.5 „Merinostoffwollschaf“1830 – 1870 

Dieser Genotyp ist rein auf Wolle gezüchtet. Dieser Typ wurde gezüchtet im Rahmen der Reinzucht auf Selektion zu einer besseren Stapellänge, höherem Wollertrag und verbessertem Rahmen oder deutsche, weibliche Merinos wurden mit einem französischen Rambouillet-Bock gekreuzt.

Bekannteste Zucht: Familie Steiger in Leutewitz, beteiligt an Exporten nach Australien.

-         Körpergewicht Mutterschafe: 45 kg,

-         Erstzulassung mit 20 – 24 Monate,

-         Schurertrag: 4,5 kg Schweißwolle,

-         Rendement: 30 – 32 %

-         Stapellänge: 7 cm.

 

1.4.6 „Merinokammwollschaf“ 1830 – 1900 

Ab 1850 wurde dieser Genotyp in Deutschland in Reinzucht gezüchtet unter Berücksichtigung der zunehmenden Fleischleistung. Dieser Typ dominierte in Deutschland von 1870 – 1880. In der Selektion achtete man bei den deutschen Merinoschafen auf mehr Körpermasse und längere, schweißarme Wolle. Ab 1862 erfolgte die Einkreuzung von französischen Kammwollschafen.

Bekannteste Herden standen in Boldebuck (Mecklenburg) und Frankenwalde (Brandenburg). Die Tiere waren weitgehend frei von Hautfalten.

-         Körpergewicht Mutterschafe: 32 – 48 kg; Zuchtböcke: 64 – 72 kg,

-         Schurertrag: 4 – 5 kg Schweißwolle,

-         Wollfeinheit Kammwolle: 22 – 25 micron,

-         Rendement: 30 -35 %

      -    Stapellänge: 6 – 8 cm.

 

1.4.7 „Merinofleischschaf“ 

Die Entstehung des Merinofleischschafes basiert im Wesentlichen auf der Kombination des deutschen Merinokammwollschafes mit Vertretern französischer und englischer Zweinutzungsrassen. Ab 1866 – 1871 erfolgte verstärkt der Import von französischen Böcken der Rasse Merinos Precoce oder Dishleyböcken, die mit weiblichen Merinokammwollschafen gepaart wurden. 

Die Schäfereidirektoren R. Behmer, Buchwald und Heyne waren maßgeblich an der Herauszüchtung des Merinofleischschafes beteiligt. Es war ein ernsthafter Beitrag auf dem Weg zum Merinofleischschaf und der Bemühung, die Schäfereien wieder rentabel zu machen.

Schwerpunkte der Zuchtarbeit war die Erhöhung der Fleischleistung, eine gute Futterverwertung und Frühreife.

Das Zuchtziel lautete:

-         leicht ernährbares, mastfähiges Tier,

-         fehlerlose Bewollung bei Verzicht auf fettschweißreiche Vliese.

 Ab 1890 – 1900 erfolgte die Umzüchtung aller Kammwollschafherden im gesamten Deutschland zum Merinofleischschaf. Ursache des Wandels in der Merinozucht bildete der in Deutschland zu beobachtende Preisverfall für Feinwolle und steigende Schaffleischpreise.

1903 erkannte die DLG das Merinofleischschaf als Rasse an mit der Zuchtrichtung Wolle und Fleisch. In diesem Jahr ist diese Rasse inzwischen 108 Jahre alt und kann als ein wichtiges Kulturgut bezeichnet werden.

Von 1918 – 1933 wurden die Kammwollschafe in drei Gruppen unterteilt:

      -  Merinokammwollschaf,

      -  Merinofleischschaf mit Wollfeinheit A,

      -  Merinofleischschaf mit Wollfeinheit A/B.

 Ab 1921 paarte H.L. Thilo in Pommern englische Border-Leicester-Böcke mit feinwolligen Merinokammwollschafen. Daraus entstand das „Deutsche Fleischwollschaf“ mit der Wollfeinheit AB-B. Diese Fleischwollschafe wurden von 1921 – 1934 gezüchtet und gingen später in den Merinofleischschafen auf.

 

2. Besonderheiten der Merinofleischschafzucht

2.1  Von 1933 – 1954 in der BRD/ DDR 

Im Jahre 1933 wurde die Einteilung der Merinoschafe nur noch in zwei Gruppen vorgenommen:

-         Merinoschafe mit A – AA Wollzuchtziel und darüber, Feinheit maximal 25 micron;

-         Merinofleischschafe mit dem Wollzuchtziel A – AB mit 25 – 26 micron.

 Ein einheitliches Zuchtziel für diese Zuchtrichtungen war von 1933 – 1954 verbindlich und beinhaltete:

-         froh und fleischwüchsig, leicht ernährbar und widerstandsfähig,

-         fruchtbar, asaisonal, Erstzulassung mit 16 bis 18 Monate,

-         feine, ausgeglichene A (AB) Wolle,

-         Rendement 33 – 36 %,

-         Nutzungsdauer 5 Jahre.

Alle Angaben beziehen sich auf die BRD.

  

Entwicklung objektiver Zuchtzielforderungen beim Merinofleischschaf von 1933 bis zur Gegenwart

Jahre

Typ

Körper-

masse

in kg

Schweiß-

wolle

in kg/Jahr

Rende-ment

in %

Ablamm-

ergebnis

in %

Wollfein-

heit in

micron

Stapel-

länge

cm/Jahr

1933 bis 1954

ml

wbl

110-130

60-70

7,0

4,5

36

36

 

110-120

 

24-28

22-26

----

----

1966

bis

1980

ml

wbl

110-130

60-70

8,0-9,0

5,0-6,0

50

47

 

130-140

24-28

23-26

9-10

7-8

1981

bis

1989

ml

wbl

120-140

65-70

8,0-10,0

6,0-  8,0

55

47

 

150-160

24-28

23-26

10-12

9- 10

1993

bis

heute

ml

wbl

120-140

70-80

6,0-10,0

4,0-  6,0

48

43

 

150-220

22-27

22-25

----

----

 

 

2.1  Von 1933 – 1954 in der DDR/BRD 

In der DDR dominierte als Zuchtziel in erster Linie der Wollertrag in Menge und Qualität. Es wurden wollbetonte Merinofleischschafe gezüchtet (Wolle/Fleisch).

Ab dem zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts war das Merinofleischschaf die bestimmende Schafrasse in den Gebieten östlich der Elbe. Diese Region wurde Anfang der 1940er-Jahre als „Merinogebiet“ bezeichnet, da 93 % aller gehaltenen Schafe dieser Rasse angehörten. Insgesamt hatten die Merinofleischschafe in der gesamten DDR in diesem Zeitraum einen Anteil von 50 % am Gesamtschafbestand.

 

2.2  Von 1946 – 1989 in der DDR 

Für die Merinofleischschafzucht in der DDR waren die Jahre 1968 – 1970 von entscheidender Bedeutung.

Die Sommerlammzeit (Juli/August) wurde durch die Frühjahrslammung (März/April) ersetzt.

Die Leistungsprüfung für Jungschafe und –böcke wurde von 18 – 20 Monate auf 12 – 14  vorverlegt. Die Einführung der künstlichen Besamung war die Grundlage für weitere züchterische Fortschritte im großen Umfang. Diese wurde leider ab 1990 eingestellt. Die Umzüchtung von Fleisch auf Wolle wäre im Rahmen der Wiedervereinigung mit ihr leichter und effektiver durchzuführen gewesen.

1969 erfolgte der Aufbau von Aufzuchtstationen von weiblichen Lämmern und Lammböcken aus Stamm- und Prüfherden. Jährlinge wurden bereits mit 18 Monaten zur Zucht zugelassen. In diesem Zeitraum gingen sehr viele Exporte von männlichen und weiblichen Zuchttieren in die SU-Länder. Die Zucht auf Wollertrag führte zur Vergröberung der Wolle, nachgewiesen durch die Möglichkeit der mikroskopischen Untersuchung der Wollfeinheit (objektive Untersuchungsmethode).

In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bildete das Merinofleischschaf in der DDR die dominierende Rasse mit einem Anteil von 72 %. Insgesamt gab es 1,5 – 1,6 Millionen Schafe in der DDR.

 

2.3    Von 1946 – 1989 in der BRD 

In der Merinofleischschafzucht dominierte in der BRD die Zuchtrichtung Fleisch/Wolle. Die wichtigsten Zuchtziele waren:

-         Fruchtbarkeit,

-         Mast- und Schlachtleistung,

-         Erstzulassung mit 12 Monaten.

Unter den marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen der BRD hatte das Merinofleischschaf Schwierigkeiten sich unter den intensiven Wirtschaftsrassen zu behaupten (hohe Lohnkosten, zunehmende Dominanz des Merinolandschafes). Sein Anteil von 9,7 % im Jahr 1956 verringerte sich 1988 auf 0,9 %.

 

2.4    Von 1990 – 2011 im wiedervereinten Deutschland 

1990 ergab sich für die Merinofleischschafbestände in der DDR eine neue Aufgabenstellung. Nach der Wiedervereinigung wurde bereits 1992 ein gemeinsames Zuchtziel für diese Rasse für verbindlich erklärt, in dem die Mast- und Schlachtleistung der Lämmer und die Fleischleistung bei den Eltern dominiert. 1993 wurde ein einheitlicher Rasseausschuss „Merinofleischschaf“ gebildet.

1990 betrug der Anteil der Merinofleischschafe am Gesamtschafbestand der BRD noch 19 %. Der Rückgang dieser Rasse unter marktwirtschaftlichen Bedingungen vollzieht sich nun auch von 1990 bis zur Gegenwart in den neuen Bundesländern. 2006 betrug der Anteil am Gesamtschafbestand nur noch 3,5 %. Die GEH erklärt das Merinofleischschaf im Jahr 2006 als gefährdete Rasse.

Verbreitet ist diese Rasse gegenwärtig in Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen sowie Sachsen-Anhalt. Kleinere Zuchttierbestände sind in Bayern und Baden-Württemberg zu finden.

 Ursachen für den Bestandsrückgang beim Merinofleischschaf:

-         sehr niedrige Wollpreise,

-         geringe Preisdifferenz zwischen feiner und grober Wolle,

-         Einkreuzung anderer Rassen,

-         Verzicht auf Schafhaltung in Ackerbauregionen,

-         Vorzüge des Merinofleischschafes zu wenig bekannt,

-         Eignung für Landschaftspflege eingeschränkt,

-         Merinofleischschaf keine Fleischschafrasse,

-         Lohnschäfereien wirtschaftlich kaum tragbar.

In anderen Ländern sind Merinofleischschafe nach wie vor sehr geschätzt. Exporte fanden nach Russland, Bulgarien, Polen, Ungarn, Schweiz, Rumänien, Spanien sowie nach Südafrika statt. Gegenwärtig werden Zuchttiere nach Ungarn, Polen, Rumänien und in die Schweiz geliefert.

 Entwicklung der Anzahl Stammzuchten, Herdbuchmutterschafe und Zuchtböcke des Merinofleischschafes im vereinten Deutschland

Jahr

Anzahl

HB-Züchter

Anzahl

HB-Mutterschafe

 

Anzahl

Zuchtböcke

1994

45

10.108

214

1999

37

6.644

117

2002

34

4.760

119

2006

30

3.191

--

2009

35

7.380

108

2010

36

7.253

117

 

Mit staatlichen Mitteln wird das Merinofleischschaf von Bundesländern finanziell gefördert, in denen es in einem größerem Umfang gehalten wird und eine traditionelle Bedeutung hat.

Das Merinofleischschaf prägte über viele Jahrzehnte das mitteldeutsche Landschaftsbild und sollte als erhaltungswürdiges Kulturgut eingestuft, geschützt und weiterhin gefördert werden.

3. Ausblick

●  Die Bestandsentwicklung beim Merinofleischschaf muss sorgfältig beobachtet werden.

●   Die für die Haltung dieser Rasse Verantwortlichen (Betriebsleiter, Rasseausschuss,

     Tierzuchtorganisationen) sollten eine langfristige Strategie erarbeiten und realisieren, die

     dem Erhalt der Rasse dient.

●  Das Merinofleischschaf ist ein Stück deutsches Kulturgut und es gilt die genetischen

    Ressourcen dieser Rasse für Merkmale, wie Feinwolle, Asaisonalität und

    Kombinationseignung, für eine zukünftige Nutzung zu erhalten.

●  Aktualisierung des vorhandenen Zuchtprogrammes dringend nötig.

●  Zusammenführung der an der Rasse interessierten Züchter, Menschen und Einrichtungen in

    einem Förder- bzw. Zuchtverein.

●  Alle Bemühungen müssen eine gezielte, regionale Vermarktung von Wolle und Fleisch

    dieser Rasse unbedingt einschließen!

                                                                                  Hans Chifflard

 

Literaturnachweis:

- Power-Point „Geschichte zur Zucht des Merinofleischschaf“ von Dr. Knut Strittmatter am 8.10.11 in Blankenhain

- „Schafzucht“ von Dr. Knut Strittmatter,2003, Verlag Eugen Ulmer